Karate Do - (M)eine Lebensweise
Gerd Hahnemann - 5. Dan Karate, 1. Dan Judo, Trainer und Vereinsmanager
Der Beginn
Mit 18 Jahren begann ich mich für die asiatischen Kampfkünste zu interessieren. Dies war 1975, als ich mich im sächsischen Thalheim in der Sektion Judo der BSG Fortschritt Thalheim anmeldete. Im Rahmen dieses Trainings begann ich zusammen mit anderen Interessierten eher sporadisch zwar, aber durchaus mit Eifer, ca. 1980 damit, Karatetechniken einzustudieren. Wir hatten keine Ziele, keine(n) Trainer. Ansprechpartner bzw. Gleichgesinnte im weiteren Umfeld kannten wir nicht, vor allem, weil es in der DDR aus den verschiedensten Gründen einfach keine Plattform für diese Kampfkunst geben sollte und sich einige der Oberen gar ausdrücklich dagegen aussprachen und sogar dagegen ankämpften, Karate wenigstens zu tolerieren.
Wir hatten also keine Chance und genau diese wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Also begannen wir, nur mit einem auf abenteuerlichem Wege bei uns gelandetem Karate-Fachbuch in den Händen, durch die Halle zu „marschieren“ und uns aus heutiger Sicht glanzvoll zum Löffel zu machen. Allerdings können wir heute auch sagen, dass wir trotz zahlreicher Widrigkeiten durchgehalten haben, weil uns Ziele nicht einengten und eine Definition solcher damit nicht hinderlich sein konnten, sondern wir tatsächlich den Weg als Ziel sahen. Einige alte Aufnahmen seht ihr hier:
Erste Anerkennung
Im Sommer 1989 gelang es, Jürgen Hornung aus Berlin in die DDR zu holen, der einen Goju-Ryu-Lehrgang gab. Bis dahin übten wir uns im Shotokan. Mit der Zeit hatten wir durchaus gewisse „Bewegungserfolge“ zu verzeichnen (glauben wir jedenfalls) und merkten bald, dass einer der wenigen wohl irgendwie anerkannten „Verantwortlichen“ in der DDR uns zusätzlich Steine in den Weg legte, wohl den Untergang der DDR genauso wenig voraus ahnend wie die führenden Persönlichkeiten des Staates. Einzig das war zu diesem Zeitpunkt der Grund, dass ich mich dem Goju-Ryu zuwandte und in diesem mein Heil zu finden glaubte. Jürgen kehrte dann 9 Tage vor den Ereignissen des „Mauerfalls“ noch einmal bei uns ein und wir durften bereits vom DKV genehmigte „Einstufungen“ im Zusammenhang mit Gürtelprüfungen machen, insofern war das Verbot, aus der DDR nach Ungarn auszureisen, um dort als Zuschauer an einem Karate-Welt-Cup teilzunehmen, im Nachhinein als glücklicher Umstand zu werten. Ich konnte mit 32 Jahren den Orangenen Gürtel in Empfang nehmen und war stolz wie Oskar, denn erstens haben wir mit dem Fakt an sich gar nicht rechnen können und zweitens waren wir sehr freudig überrascht, damit immerhin eine gewisse Anerkennung unserer Arbeit der letzten Jahre zu bekommen.
Im Zusammenhang mit meinem Weg als Kampfkunst-Interessierter möchte ich erwähnen, dass ich auch dem Judo treu blieb und am 12. Dezember 1989 den 1. Dan Judo im Judoverband der DDR (DJV) ablegte.
Organisation nach dem politischen Umbruch
Dann aber überschlugen sich die politischen Ereignisse und vieles wurde anders, selbstverständlich auch in meinem Kampfkunst-Leben. Ich begann mich immer mehr damit zu befassen, die neuen gesellschaftlichen Bedingungen für mich zu nutzen und einen Jugendtraum zu verwirklichen. Als ehemaliger (Jugend)Leistungssportler in der DDR (Sprinter in der Leichtathletik) wollte ich immer Trainer werden, was mir auf Grund des mir versagten, aber nicht gleich erkannten mangelnden sprinterischen Talents verwehrt blieb (vorsichtig ausgedrückt und aus heutiger Sicht!).
Als 1991 der Sächsische Karatebund e.V. gegründet wurde, wählten mich die Anwesenden zum Sportwart des Sächsischen Karatebundes, der ich bis auf eine kurze Unterbrechung bis heute bin. Allerdings wird die Funktion seit 2008 als „Wettkampfleiter“ bezeichnet. Seit 2003 bin ich als A-Prüfer für den Deutschen Karateverband im Stiloffenen Karate tätig, zunächst als sonderlizenzierter Prüfer, weil ich damals erst den 3. Dan inne hatte, später wurde es eine ordentliche Lizenz mit Erlangung des 4. Dan. Heute bin ich Träger des 5. Dan im Deutschen Karateverband im Stiloffenen Karate GO-JU.
Mitte 1990 war ich Gründungsmitglied im Karateverein Thalheim e.V., dem ich auch heute noch als (Vorstands)Mitglied angehöre. Natürlich bin nach wie vor meinem Heimatverein „Karateverein Thalheim e.V.“ sehr verbunden und werde insbesondere von meinem langjährigen Karate- und Trainingsfreund Dirk Schüller in jeder Kampfkunsthinsicht unterstützt! Im Verlaufe der Jahre war ich ebenfalls Gründungsmitglied in weiteren Vereinen, z.B. Ende 1990 in Chemnitz. Du kannst alle Vereine des „kampfkunstteam.de“ auf eben dieser Internetseite anschauen.
Kampfkunst-Team: Karate-Do und Kobudo im Stiloffenen Karate
Wir als Kampfkunst-Team betreiben insbesondere das Goju-Ryu-Karate-Do und Okinawa Kobudo Doushi Renseikai. Wir stehen aber zahlreichen Anschauungen offen gegenüber. Im Deutschen Karateverband und im Sächsischen Karatebund gehören wir konsequenterweise dem „Stilrichtungsoffenen“ Karate an.
Unserem Anliegen von heute Rechnung tragend, nennen wir uns nunmehr „Kampfkunst-Team GO-JU“. Der Grundgedanke, den Begriff „Karate“ durch den der „Kunst“ zu ersetzen, war und ist der, dass wir uns von der engen Betrachtungsweise des Karate-Begriffes lösen wollten, ja geradezu mussten, um unsere Offenheit auch anderen Richtungen gegenüber zum Ausdruck zu bringen.
Folgerichtig schlossen wir uns auch innerhalb des Deutschen Karateverbandes dem „Stiloffenen Karate“ an. Selbstverständlich üben wir uns nach wie vor in der Kunst des Goju-Ryu, was im Stiloffenen Karate sehr gut möglich ist, so wie eben Angehörige anderer Stilrichtungen dies genauso gut tun. Neu an dem Gedanken eines „Stiloffenen“ Karate war, die Karate übenden- und erforschenden Menschen zusammen zu bringen, sie „offen“ zum Beschreiten neuer (oder nur anderer?) Wege zu machen, was selbstverständlich das intensive Üben in der „heimischen“ Stilrichtung einschließt. Mehr ist es nicht, aber keinesfalls auch nicht weniger!
Meiner Meinung nach, haben die (Karate)-Kampfkünste im Verlaufe der letzten Jahrzehnte auch eine Verwässerung erfahren. Dies führe ich insbesondere auf die Einführung des Wettkampfkarate zurück und die Erkenntnis zahlreicher Interessenten, mit den Kampfkünsten Einnahmen erzielen zu können. Außerdem scheint es aber auch Meinungen zu geben, die der Ansicht sind, dass die Einführung „neuer“ (oder doch alter?) Trainingsmethoden, die solche bedeutenden Forschungsergebnisse des zeitgenössischen Karateforschers Patrick Mc. Carthy zum Inhalt haben, eben „diese Verschleierung der Ursprünge“ hervorgebracht haben sollen. Oftmals aber sind das „Wirtschaftsmeinungen“, die sich erst zu ändern scheinen, wenn sie irgendwie diese Forschungsergebnisse in ihr Programm aufgenommen und es schon immer so gesehen haben und es ja eigentlich von ihnen ist……Nun gut, wenn’s die Wirtschaft voranbringt!
Aber auch die fast schon unsinnig erscheinende Konkurrenz der Stilrichtungen im Karate bzw. anderer Kampfkunstformen untereinander erreicht immer groteskere Züge und trägt sicher nicht dazu bei, „seine“ Kampfkunst und vor allem sich selbst weiter zu entwickeln. Das zänkisches Meistergehabe von selbsternannten Erfindern des Karate und dogmatischer Großmeister-Kult brachte und bringt uns nicht weiter.
Das Karate-Do selbst ist kein Ziel, es ist ein Weg
frei von einengenden Wünschen und Festlegungen und Zielen!
Das soll selbstverständlich nicht heißen, dass ich die außerordentlichen Leistungen und ernsthaften Bemühungen vieler Karatmeister nicht anerkenne und es soll auch nicht heißen, dass ich mich nicht zu eben solchen Meistern hingezogen fühle und gern von Ihnen lerne. Ich sehe eben keinen Widerspruch darin, selbst als Karateka aufzutreten und dennoch das so überaus reiche Angebot verschiedener Kampfkünste nutzend, Karate-Do mit zu gestalten und vielen Menschen nahe zu bringen.
Wettkampfkarate: Kampfsport in der Kampfkunst - Moderne Aspekte
Ich möchte betonen, dass ich den Kampfsport als moderne Form der Auseinandersetzung in die Kampfkunst einbeziehe und mir weder das Gedankengut fanatischer „Nur“-Wettkämpfer, als auch das der genauso einseitig diskutierenden „Traditionalisten“ zu Eigen mache. Das Wettkampf-Karate gehört für viele Kampfkünstler als sportlicher Aspekt einfach dazu und tatsächlich bietet es zahlreiche Möglichkeiten und Vorzüge.
Gerade einige besonders gegen den Wettkampf spottende Meister lassen sich doch gern auf ihre früheren erfolgreichen Tunierauftritte ansprechen, aber der jungen Generation von heute wollen sie diese Erfahrung, sich mit Gleichgesinnten im Wettkampf zu messen, vorenthalten. Andererseits liest man in den zahlreichen Arbeiten der Forscher der Kampfkünste, wie einige der alten Meister sehr wohl nicht nur den Verteidigungsgedanken verfolgten, sondern ihre eigene Schule als die wahre Lehre verkündeten und andere zum Kampf aufforderten. Der Unterschied zum modernen Wettkampf nach Regeln lag hier oft darin, dass sie nach heutigem Verständnis gar ihre Fähigkeiten teilweise missbrauchten, um anderen Schaden zuzufügen um der eigenen Profilsucht willen.
Ich persönlich stöbere gern auch in zahlreichen anderen Sportarten herum, die scheinbar mit den Kampfkünsten gar nichts zu tun haben und werde immer wieder fündig. Habt ihr schon mal Jongleuren zugeschaut, die irgendwelche Kegel in die Luft werfen und keiner fällt auf den Boden? Und ist euch dabei eingefallen, dass es wieder einmal an der Zeit ist, das ständige Fassen am Partner im Karatetraining zu üben? Wenn ja, dann habt ihr von anderen gelernt und habt das für euch „Brauchbare“ herausgefunden.
Meister und "Obermeister"
So oft es möglich ist, hole ich Meister mit den verschiedensten Betrachtungsweisen der Kampfkünste in unser Training. Meine Schüler haben ein Recht darauf, von der breiten Palette der Kampfkünste zumindest zu erfahren. Ständig nur eifersüchtig über meine Schüler zu wachen, dass sie ja nichts anderes tun, als nur für mich da zu sein, gehört nicht zu meinen und den Aufgaben eines Karate-Meisters überhaupt, sondern schränkt sogar die persönliche Freiheit aller Seiten ein. In den meisten Fällen aber stärkt eine offene Vorgehensweise sogar das Lehrer-Schüler-Verhältnis, da der Schüler spürt, dass ihm Vertrauen entgegengebracht und vor allem, dass er ernst genommen wird.
Aus einer der vielen Erfahrungen, die ich bis zum heutigen Tag machen durfte, diese kleine Geschichte stellvertretend für den Unsinn, mit dem man gelegentlich konfrontiert wird:
Eines Tages kam ein neuer Interessent in unser Training. Die Ausführung eines Fußtritts ließ gleich zu Beginn den Schluss zu, er habe sich schon einmal damit befasst. Meine Frage, ob er sich schon einmal in den Kampfkünsten umgesehen habe, beantwortete dieser jedoch mit „nein“. Irgendwann gab ich ihm einen Aufnahmeantrag, weil die Schnupperzeit vorbei war. Doch er ging, nicht ohne sozusagen heimlich vor der Schule Werbezettel für eine Kampfkunst-Schule, die demnächst ihr Lager in dieser Sporthalle aufschlagen wollte, an meine Schüler zu verteilen. Ich wandte mich an den Ansprechpartner, irgendeinen ganz besonderen Großmeister und lud ihn ein, ein ordentliches Training in meinen Gruppen abzuhalten, da könne er sich vorstellen und sein Anliegen vortragen. Jedoch hatten plötzlich weder er noch einer seiner Schüler Zeit und er legte schnell den Hörer. Ich habe nie wieder von ihm und seiner Schule gehört.
Nur ein Beispiel, wie seltsam sich so mancher „Meister“ benimmt; In der eigenen kleinen Welt Beweihräucherung als der oder das Wahre, ängstlich dann, wenn´s darauf ankommt. Ich frage mich, was ein solcher Meister seinen Schülern vermitteln will und vermitteln kann, wenn er selbst so unsicher ist.
Auf dem Weg...
Wenn wir nun mit unserer Homepage irgendjemand aus der großen Familie der Kampfkünstler oder andere Interessenten ansprechen und neugierig machen konnten, wendet euch ganz ungezwungen an uns. Der Einfachheit halber stehe ich als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Fragen und Anregungen eines Jeden trage ich gern weiter und Antworten wird es regnen, wenn ihr wollt. Nein, ich glaube nicht, dass ich oft oder gar immer helfen kann, dazu ist das ein viel zu riesiges Gebiet, aber da ich mir so viel wie nur irgendwie selbst helfen lasse, kann ich also auch sicher etwas für den einen oder anderen tun, Kritiken sind dabei genauso willkommen wie Zustimmung. Ich lerne inzwischen grundsätzlich aus allem etwas und dass sollte das Bestreben eines jeden Menschen sein, ob Kampfkünstler oder nicht.
Fragt in eurem Leben immer und immer und wenn ihr tatsächlich mal keine Fragen haben solltet, dann fragt euch, warum ihr keine habt!
Gerd Hahnemann